Zwei Rivalen unter einem Dach: Die Konkurrenz zwischen Karmann und Hebmüller in der Ära des VW Käfers
Als der Volkswagen Käfer in den späten 1940er und 1950er Jahren zum Symbol des deutschen Wirtschaftswunders avancierte, bot sich die Gelegenheit, das Modell weiter auszubauen – und das nicht nur im Sinne der reinen Stückzahlen. Zwei Karosseriebauer, die bereits früh eng mit Volkswagen kooperierten, spielten dabei eine zentrale Rolle: Karmann und Hebmüller. Beide Unternehmen waren für ihre Expertise im Bau von Cabriolets und Sonderkarosserien bekannt, doch die Zusammenarbeit entwickelte sich schnell zu einer Art Wettbewerb, der das Schicksal beider Firmen maßgeblich beeinflussen sollte.
In diesem Artikel beleuchten wir die spannende und teils dramatische Geschichte hinter der Konkurrenz zwischen Karmann und Hebmüller, zwei der bekanntesten Karosseriebauer Deutschlands, die beide auf die Plattform des VW Käfers setzten und gleichzeitig um die Gunst von Volkswagen rangen.
Die Geburtsstunde des VW Käfer Cabriolets
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der VW Käfer nicht nur in Deutschland, sondern auch international auf dem Vormarsch. Mit seiner robusten Technik und seinem erschwinglichen Preis wurde er zum perfekten Fahrzeug für die Massen. Volkswagen erkannte schnell das Potenzial, eine offene Version des Käfers auf den Markt zu bringen. Cabriolets waren zu dieser Zeit das Sinnbild für Freiheit und Status. Die Herausforderung bestand darin, einen Karosseriebauer zu finden, der in der Lage war, die Qualität und Zuverlässigkeit des VW Käfers auf eine Cabriolet-Version zu übertragen.
Die ersten Schritte in diese Richtung unternahm Volkswagen mit Hebmüller, einem Karosseriebauer aus Wuppertal. Hebmüller war bekannt für handwerkliche Präzision und elegante Designs, weshalb es naheliegend war, die Entwicklung eines zweisitzigen Käfer-Cabriolets in die Hände dieser Firma zu legen. Gleichzeitig arbeitete Karmann in Osnabrück an einem Cabriolet-Projekt – allerdings an einer viersitzigen Version. Beide Firmen erhielten somit parallel Aufträge von Volkswagen, doch die Ergebnisse sollten sich grundlegend unterscheiden.
Hebmüller: Ein sportlicher Zweisitzer mit Stil
Hebmüller konzentrierte sich bei der Entwicklung des VW Hebmüller Cabriolets auf ein zweisitziges, elegantes Design, das dem Auto ein sportlicheres und exklusiveres Flair verlieh. Die markante symmetrische Karosserie – mit abgerundeten Kanten und einer Linie, die sich sowohl am Vorder- als auch am Heck des Fahrzeugs spiegelte – war nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch einzigartig auf dem Markt. Der zweisitzige Innenraum mit einer edlen Ausführung unterschied das Hebmüller-Cabriolet von der schlichteren Käfer-Limousine, was das Modell zu einem echten Hingucker machte.
Technisch basierte das Hebmüller Cabriolet, auch bekannt als Typ 14A, auf der bewährten Technik des VW Käfers, jedoch mit zusätzlichen Modifikationen für das Cabrio-Design. Der Wagen verfügte über ein robustes Verdeck und eine verstärkte Karosserie, um die Steifigkeit zu gewährleisten, die bei einem offenen Fahrzeug besonders wichtig war. Das Fahrzeug bot eine perfekte Mischung aus Leichtigkeit und Eleganz, und seine geringe Stückzahl trug dazu bei, es zu einem Sammlerstück zu machen.
Volkswagen plante zunächst eine größere Serienproduktion des Hebmüller-Cabriolets. Doch es kam anders als erwartet.
Karmann: Der solide Viersitzer, der sich durchsetzte
Im Vergleich zum eleganten, aber kompakten Hebmüller-Cabriolet setzte Karmann auf eine pragmatischere Lösung. Das Karmann Käfer Cabriolet, das parallel entwickelt wurde, bot Platz für vier Personen und war damit alltagstauglicher und familienfreundlicher. Karmann war seit langem für seine handwerkliche Qualität und seine Zuverlässigkeit im Karosseriebau bekannt, und diese Eigenschaften spiegelten sich auch im Entwurf des Typ 15 wider.
Das Karmann-Cabriolet war mit seinen Verstärkungen in der Bodengruppe und einem hochwertigen Stoffverdeck auf Langlebigkeit und Sicherheit ausgelegt. Optisch blieb es der Form des VW Käfers treu und verzichtete auf auffällige Designelemente zugunsten einer klaren, funktionalen Linie. Der Erfolg dieses Modells war überwältigend: Zwischen 1949 und 1980 wurden über 330.000 Einheiten produziert – eine Zahl, die das Hebmüller-Modell bei Weitem in den Schatten stellte.
Die Gründe für Hebmüllers Scheitern
Trotz des vielversprechenden Starts und der positiven Resonanz auf das Hebmüller Cabriolet war die Produktion von Anfang an von Schwierigkeiten geprägt. Hebmüller hatte, im Gegensatz zu Karmann, nicht die Produktionskapazitäten, um größere Stückzahlen zu fertigen. Ein verheerender Brand im Jahr 1949 zerstörte außerdem weite Teile des Werks und verzögerte die Produktion erheblich. Dadurch konnte Hebmüller nur etwa 700 Exemplare des VW Typ 14A bauen, bevor das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet.
Volkswagen sah sich gezwungen, den Auftrag für die Produktion des Zweisitzers zurückzuziehen und voll auf Karmann zu setzen, das bereits große Stückzahlen des viersitzigen Cabriolets lieferte. Karmann verfügte über die notwendige Infrastruktur, um die hohe Nachfrage nach dem VW Käfer Cabriolet zu bedienen, und das Unternehmen in Osnabrück erwies sich als der verlässlichere Partner für Volkswagen. Das Schicksal von Hebmüller war besiegelt, und das Unternehmen stellte wenige Jahre später den Betrieb ein.
Der Wettstreit: Stil vs. Funktion
Die Konkurrenz zwischen Karmann und Hebmüller war nicht nur ein Kampf um Produktionsaufträge, sondern auch ein Wettstreit zwischen zwei unterschiedlichen Designphilosophien. Hebmüller stand für eine elegante, sportliche Ausführung, die den Käfer zu einem exklusiven Zweisitzer machte – ideal für Individualisten und Liebhaber sportlicher Fahrzeuge. Karmann hingegen setzte auf Funktionalität und Alltagstauglichkeit: Das Viersitzer-Cabriolet sollte möglichst viele Käfer-Fahrer ansprechen und sich als Familienfahrzeug etablieren.
Letztlich gewann Karmann das Rennen. Das viersitzige Käfer-Cabriolet erwies sich als deutlich gefragter und verkaufsstärker, während das Hebmüller-Modell in seiner Exklusivität und mit der niedrigen Produktionszahl zwar Liebhaber fand, aber keine wirtschaftlich tragfähige Zukunft hatte.
Karmann als Gewinner und die Erben des Hebmüller-Cabriolets
Während Karmann über Jahrzehnte hinweg als Hauptproduzent des Käfer-Cabriolets glänzte und Volkswagen bis in die 1980er Jahre belieferte, blieb das Hebmüller-Cabriolet ein seltener und begehrter Schatz unter Oldtimer-Liebhabern. Die wenigen erhaltenen Exemplare werden heute auf Auktionen zu hohen Preisen gehandelt und sind Sammlerstücke, die die exklusive Handwerkskunst von Hebmüller unterstreichen.
Auch Karmann konnte seinen Erfolg ausbauen und fertigte später weitere Cabriolet-Versionen für Volkswagen, darunter das Golf Cabriolet. Das Unternehmen sicherte sich durch die kontinuierliche Weiterentwicklung seiner Fahrzeuge und die enge Zusammenarbeit mit Volkswagen einen festen Platz in der deutschen Automobilgeschichte.
Zwei Rivalen, ein Sieger
Die Konkurrenz zwischen Karmann und Hebmüller spiegelt eine spannende Phase in der Geschichte des VW Käfers wider. Beide Unternehmen standen für hohe Qualität und innovative Designs, doch letztlich entschied sich Volkswagen für den pragmatischeren und massentauglicheren Entwurf von Karmann. Hebmüllers eleganter Zweisitzer blieb ein Nischenprodukt, während das Karmann-Cabriolet zum Massenphänomen avancierte und Millionen Käfer-Fahrer auf der ganzen Welt begeisterte.
Heute sind sowohl das Hebmüller- als auch das Karmann-Cabriolet Ikonen des Automobilbaus und begehrte Oldtimer, die von Liebhabern gehegt und gepflegt werden. Sie erinnern an eine Zeit, in der der VW Käfer nicht nur das „Auto des Volkes“ war, sondern auch Raum für stilistische Experimente und spannende Rivalitäten bot – zwei Karosseriebauer, die den Mythos Käfer auf ganz unterschiedliche Weise prägten.
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