Wenn man an Volkswagen denkt, kommt den meisten sofort der legendäre Käfer in den Sinn. Doch VW hat in den späten 1960er Jahren versucht, sich von dem Kleinwagen-Image zu lösen und ein Modell zu entwickeln, das größer, moderner und komfortabler war. So entstand der VW Typ 4 – der direkte Nachfolger des erfolgreichen VW Typ 3. Dieses Modell steht oft im Schatten anderer Volkswagen-Klassiker, verdient jedoch eine besondere Beachtung.

 

VW Käfertreffen Eggenburg 2013 VW Typ4 Variant

 

In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf den VW Typ 4, seine Geschichte, Technik und seine Bedeutung für Volkswagen. Zudem beleuchten wir, warum dieses Modell, das zwischen 1968 und 1974 gebaut wurde, eine besondere Erwähnung in der Automobilwelt verdient.

 

Ein Schritt in die Mittelklasse – Der VW Typ 4 als komfortabler Allrounder

Volkswagen entwickelte den Typ 4 als direkten Nachfolger des VW Typ 3, der bereits ab 1961 produziert wurde und in der Mittelklasse gut Fuß gefasst hatte. Doch der Markt verlangte nach noch mehr Raum und Komfort, und so entstand der VW Typ 4 – erhältlich als VW 411 und später als 412. Mit diesem Modell wollte das Unternehmen nicht nur den Erfolg des Typ 3 weiterführen, sondern die Mittelklasse-Kundschaft für sich gewinnen, indem es noch größere Dimensionen, mehr Komfort und modernere Technik bot.

Größere Dimensionen und mehr Komfort standen klar im Fokus dieser Baureihe. Im Vergleich zum Typ 3 und dem noch kleineren Käfer war der Typ 4 deutlich länger und breiter, was zu einem großzügigeren Innenraum führte. Besonders der Kombi, der unter dem Namen VW 411 Variant vermarktet wurde, punktete mit einem großen Kofferraum und war ideal für Familien. Das Modell zeichnete sich zudem durch ein eleganteres und moderneres Design aus, das sich von den rundlichen Formen des Käfers und den schlichten Linien des Typ 3 deutlich abhob.

 

VW Käfertreffen Eggenburg 2013 VW Typ 412 LS Variant

 

Der Motor – Ein luftgekühlter Boxermotor mit Zukunft

Ein technisches Highlight des VW Typ 4 war der luftgekühlte Boxermotor, der im Heck des Fahrzeugs untergebracht war. Diese Motoren kamen in den Varianten mit 1,7 bis 2,0 Litern Hubraum und leisteten bis zu 100 PS. Damit bot der Typ 4 für seine Zeit eine ordentliche Leistung, vor allem im Vergleich zu vielen seiner Konkurrenten und sogar im Vergleich zum Vorgänger Typ 3, dessen Motoren nur bis zu 1,6 Liter Hubraum reichten.

Dieser Motor war eine Neuentwicklung und nicht etwa eine Weiterentwicklung des Typ 3-Aggregats. Der Typ 4-Motor war so robust, dass er später auch in anderen Volkswagen-Modellen wie dem VW Bus (T2) und dem Porsche 914 verwendet wurde. Vor allem im Hinblick auf seine Langlebigkeit und Zuverlässigkeit genießt der Typ 4-Antrieb heute bei Liebhabern von luftgekühlten Fahrzeugen einen guten Ruf.

 

VW 411 LE

 

Technische Innovationen – Automatik und Scheibenbremsen

Volkswagen ging beim Typ 4 nicht nur in puncto Motorisierung neue Wege. Eine der größten Neuerungen war die Einführung einer vollautomatischen Dreigang-Schaltung, die in den frühen 70er Jahren eher eine Seltenheit im europäischen Automobilbau war. Sie machte den Typ 4 zu einem komfortablen Reisewagen und setzte ein Zeichen für die zunehmende Automatisierung im Fahrzeugbau.

Auch bei der Sicherheit bot der Typ 4 Verbesserungen: Scheibenbremsen an der Vorderachse gehörten zur Serienausstattung, was die Bremsleistung erheblich verbesserte. Solche Sicherheitsmerkmale waren in dieser Klasse damals noch nicht weit verbreitet, was den Typ 4 in dieser Hinsicht zu einem fortschrittlichen Fahrzeug machte. Verglichen mit dem Typ 3, der zunächst nur mit Trommelbremsen angeboten wurde, zeigte sich hier eine deutliche technische Weiterentwicklung.

 

VW Typ 4 Variant

 

Das Design – Funktion trifft auf Eleganz

Optisch war der Typ 4 eine klare Abkehr vom ikonischen, aber konservativen Käfer-Design und auch von den kompakten Proportionen des Typ 3. Seine Linienführung war kantiger und moderner, was dem Fahrzeug eine zeitgemäße und ansprechende Optik verlieh. Besonders der VW 411 Variant galt als stilvoller Kombi, der bei Familien und Geschäftsleuten gleichermaßen gut ankam.

Die Limousinen-Variante, vor allem die überarbeitete Version des VW 412, erhielt zum Ende der Produktion 1972 ein Facelift, das unter anderem größere Scheinwerfer und eine leicht geänderte Frontpartie umfasste. Auch wenn das Design des Typ 4 heute nicht den Kultstatus des Käfers erreicht hat, so strahlt es doch den Charme der späten 60er und frühen 70er Jahre aus und wirkt auf viele Oldtimer-Fans heute nostalgisch.

 

Der Niedergang des Typ 4 – Konkurrenzdruck und Marktverschiebungen

Trotz der vielen technischen Innovationen und des Komforts konnte der Typ 4 nie den kommerziellen Erfolg erzielen, den Volkswagen sich erhofft hatte. Der Hauptgrund lag in der sich wandelnden Konkurrenzlandschaft: Während europäische Hersteller wie Opel und Ford zunehmend Mittelklassemodelle zu erschwinglichen Preisen anboten, kam auch die Konkurrenz aus Japan auf den Markt, die mit gut ausgestatteten, aber preiswerteren Fahrzeugen punkten konnte.

Ein weiterer Grund war die interne Konkurrenz im VW-Konzern selbst. Mit dem Golf, der 1974 auf den Markt kam, bot Volkswagen ein Fahrzeug an, das moderner, sparsamer und preislich attraktiver war als der Typ 4. Die Produktion des Typ 4 wurde 1974 eingestellt, und das Modell geriet für viele Jahrzehnte in Vergessenheit.

 

Volkswagen Typ 4 411L Variant 1971 Logo Emblem

 

Der VW Typ 4 heute – Ein Geheimtipp für Oldtimer-Fans

Obwohl der Typ 4 nie die Berühmtheit des VW Käfers oder des Golfs erreichte, erfreut er sich heute bei Oldtimer-Liebhabern wachsender Beliebtheit. Besonders der luftgekühlte Boxermotor ist ein Anziehungspunkt für Fans von klassischen Volkswagen-Fahrzeugen. Seine robuste Bauweise und die lange Verfügbarkeit von Ersatzteilen machen den Typ 4 zu einem idealen Kandidaten für Restaurierungen.

Typ 4-Modelle sind heute deutlich seltener als VW Käfer oder VW Bus, was ihren Reiz für Sammler ausmacht. Ihre einzigartige Mischung aus Komfort, Platzangebot und Technik hebt sie von vielen anderen Oldtimern der 60er und 70er Jahre ab. Besonders die Variant-Modelle erfreuen sich wachsender Nachfrage, da sie nicht nur stilvoll, sondern auch praktisch sind.

 

Ein unterschätztes Modell mit Potenzial

Der VW Typ 4 mag nicht den Kultstatus seines kleineren Bruders, des Käfers, erreicht haben, doch als Nachfolger des Typ 3 steht er für eine spannende und innovative Phase in der Geschichte von Volkswagen. Als Versuch, in die Mittelklasse vorzudringen und gleichzeitig den Komfort zu erhöhen, bleibt der Typ 4 ein oft übersehenes, aber technisch fortschrittliches Modell, das es zu entdecken gilt.

Heute bietet der VW Typ 4 Oldtimer-Fans eine außergewöhnliche Kombination aus seltener Technik, einzigartigem Design und nostalgischem Flair. Wer auf der Suche nach einem besonderen Fahrzeug abseits der großen Klassiker ist, sollte sich den Typ 4 definitiv näher anschauen – ein echtes Stück Volkswagen-Geschichte, das wiederentdeckt werden will.